Frauen mit Beruf und Berufung
Seit 33 Jahren erinnert der vom Frauenbüro der Landeshauptstadt Mainz erarbeitete Wandkalender „Blick auf Mainzer Frauengeschichte“ an weibliche Persönlichkeiten und Ereignisse aus der Stadtgeschichte. Nun ergänzen zwölf neue „Blicke“ dieses lokalhistorische Langzeitprojekt. Im Mittelpunkt für 2023 stehen berufstätige Frauen aus ganz unterschiedlichen Bereichen.
Den Anfang im neuen Kalender macht ein Blick zurück auf die Bemühungen der damaligen frauenbewegten Mainzerinnen um die frauenpolitische Bildung Anfang des 20. Jahrhunderts. Genau wie heute boten sie Vorträge und Diskussionsveranstaltungen – und nicht selten luden sie dazu bekannte Vertreterinnen führender Frauenorganisationen nach Mainz ein.
Erinnert wird zudem an Philippine Koch (1897 – offiziell 1957) Wegen kritischer Äußerungen über das Nazi-Regime bereits einmal zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, wurde sie Ende 1944 erneut verhaftet und in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück verschleppt. Philippine Koch gehört damit zu den Abertausenden von Frauen, die in Ravensbrück entrechtet, gefoltert und ermordet wurden. Die Umstände ihres Todes sind ungeklärt.
Entrechtet und ermordet wurden auch die ehemaligen jüdischen Schülerinnen der Höheren Mädchenschule, Amanda Marx (1881 – 1942) und Anna Maria Hirsch(1920 – 1942). Ihre Lebens- und Leidenswege hat der pensionierte Mainzer Lehrer Reinhard Frenzel nachgezeichnet und damit die Erinnerungen an jüdische Mainzerinnen um weitere Biografien ergänzt.
Lehrerin zu werden, gehörte lange Zeit zu den wenigen Berufsperspektiven für junge Frauen aus dem Bürgertum. Auch Elsa Görtz (1877 – 1965) entschied sich 1894 für diesen Weg. Ihre erste richtige Anstellung als Lehrerin fand sie an der Höheren Mädchenschule in Mainz, entschied sich aber dann 1902, selbst eine Schule zu gründen. Zu ihren wohl bekanntesten Schülerinnen gehörte Netty Reiling, besser bekannt als Anna Seghers.
Lehrerin war auch Barbara Prinsen-Eggert (1938 – 2006). Bekannt wurde die Studiendirektorin vom Mainzer Frauenlob-Gymnasium vor allem für ihr Engagement in der Gedenkarbeit, als langjährige Vorsitzende der Anna-Seghers-Gesellschaft Berlin und Mainz und als Förderin des Wiederaufbaus der Synagoge in Weisenau.
Schauspiel, Hörspiel, Rezitationen, Übersetzungen – das war das Metier von Theamaria Lenz(1889 – 1970). Geboren wurde sie als Theresa Leonardine Elisabeth Staadt in Mainz-Kastel. Unter ihrem Künstlerinnennamen begann sie in den späten 1910er Jahren ihre Laufbahn am Theater und als Vortragskünstlerin.
Es war eine Mischung aus Staatsbesuch und Familienreise: als die 26jährige britische Königin Victoria 1845 durch Deutschland reiste, machte sie mit ihrem Gefolge für mehrere Tage auch in Mainz Station. Begleitet wurde ihr Aufenthalt in der Stadt von allerlei anderen gekrönten Häuptern und nicht zuletzt von der neugierigen Mainzer Bevölkerung.
1927 hatte der Mainzer Hausfrauen-Verein den ehrgeizigen Plan, eine eigene Zeitung auf den Markt zu bringen, die Rheinhessische Hausfrauen-Zeitung. Gedacht als Mitteilungsblatt des Vereins und als Information zu allen Fragen rund um die Haushaltsführung, erschien das Blatt bis zur endgültigen Gleichschaltung 1936. Da hatten sich die Macherinnen der Zeitung längst den nationalsozialistischen Verhältnissen angedient.
In Weisenau war die Hebamme Dora Scherf (1897 – 1970) jahrzehntelang eine echte Institution. Rund 3000 Kindern verhalf sie in ihrer dreißigjährigen Tätigkeit auf die Welt, begleitete die Weisenauerinnen vor und nach der Geburt.
Gänzlich andere Berufswünsche hatte Karoline Petzet (1856 – 1919), geborene Bruch. Schon als Jugendliche hatte sie auf der Bühne des Mainzer Stadttheaters gestanden. 1882 kam sie ans großherzoglich-badische Hoftheater in Karlsruhe und spielte dort im Laufe ihrer zweiundzwanzigjährigen Bühnenkarriere beinahe alle damals auf den Spielplänen gebotenen dramatischen Frauenrollen.
Um Frauenrollen ganz anderer Art ging es Theresia Bartsch (1913 – 2007), als sie 1962 in Mainz die Stelle als Diözesanfrauenreferentin antrat und nur kurze Zeit später zusammen mit anderen Frauenorganisationen die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz ins Leben rief.
Hauptautorin des Kalenders ist wie zuvor Frauenbüroleiterin Eva Weickart; die Beiträge zu ehemaligen jüdischen Schülerinnen der Mainzer Höheren Mädchenschule stammen erneut aus der Feder von Reinhard Frenzel.
Gestaltet wurde der Kalender wie in den Vorjahren von der Mainzer Agentur einfallswinkel. Die Illustrationen stammen erneut von Jan Pieper.
Der Kalender liegt ab sofort im Foyer des
Stadthauses Große Bleiche
Große Bleiche 46/Löwenhofstraße 1
55116 Mainz
zur Abholung bereit.
Gegen Einsendung von sieben Euro in Briefmarken an die Adresse des Frauenbüros (siehe E-Mail-Signatur) kann der Kalender auch verschickt werden.
https://www.mainz.de/verwaltung-und-politik/beiraete-beauftragte/frauenkalender.php
Kontakt:
Frauenbüro der Landeshauptstadt Mainz
Stadthaus Große Bleiche
Große Bleiche 46/Löwenhofstraße 1
55116 Mainz
Telefon: 06131 12-2175
E-Mail: frauenbuero@stadt.mainz.de